Mittwoch, 9. Oktober 2013

Life is what happens while you're looking at your smartphone

Vor gut einem Monat ist mein Smartphone endgültig verstorben. Dank meiner liebevollen Behandlung – mindestens einmal pro Tag aus beliebiger Höhe fallen lassen inklusive – und einem besonders verhängnisvollem Zwischenfall in einem Festival Dixie-Klo. Seitdem habe ich mein sogenanntes Steinzeithandy wieder. Rosa, mit einer Akkulebenszeit von über 5 Tagen. Und was soll ich sagen – ich bin glücklicher denn je. Endlich, endlich lebe ich wieder im Hier und Jetzt und nicht in einem virtuellen Paralleluniversum, in dem jede Minute, in der Du nicht per WhatsApp oder Facebook checkst, was Du gerade alles so verpasst, während die Party um Dich herum in vollem Gange ist, eine verlorene ist. Und es fühlt sich so gut an. 
Klar hat ein Smartphone Vorteile – unter anderem ein GPS für alle Orientierungslosen, eine Wetterapp, bei der man es sich erspart, morgens aus dem Fenster zu schauen, und mit WhatsApp die Möglichkeit, Fotos von jeder belanglosen Nichtigkeit zu schicken. Im Grunde soll ein Smartphone also das alltägliche Leben erleichtern, und das kann es durchaus – mit einem ungewünschten Nebeneffekt allerdings, der sich allzu schnell unbemerkt einstellt: man verblödet. Das mag sich jetzt erstmal hart anhören; nachdem ich gestern allerdings an einer Gruppe pupertierender Teeniegirls vorbeigelaufen bin, von denen eine so an ihrem Smartphone hing, dass sie nicht gemerkt hat, dass ihre Freundinnen stehen geblieben waren, um mit einer Gruppe Jungs zu reden und ihr erst nach 50 Metern mit verschleiertem Blick auffiel, dass sie alleine war, nur zu traurig aber wahr. Von diesen komischen Momenten, wenn Du mit einer Gruppe Freunden beim Essen bist und auf einmal jeder am Tisch gebannt auf sein Smartphone starrt, nur um die nächste Verabredung auszumachen und die aktuelle zu verpassen ganz zu schweigen.
Ich habe ein Jahr lang in New York gelebt – mit einem uralt Handy zum aufklappen. Natürlich ist es leicht peinlich, in den Edelclubs in der City das Ding auszupacken, wenn es ansonsten nicht mal 12jährige gibt, die kein iPhone haben. Und natürlich wäre es schön gewesen, meinen Freunden in Deutschland aktuell und mit Fotos und Videos mitzuteilen wie geil die Party gerade ist oder welches neue Paar Schuhe ich mir gekauft habe. So habe ich mein Leben in New York in Echtzeit genossen, ohne durch etwaige Ablenkungen aus der Heimat etwas zu verpassen, und mir dafür in ausgiebigen Skype-Sessions ernsthaft Zeit für meine Familie und Freunde genommen und mich jedes Mal aufrichtig darauf gefreut, weil es etwas besonderes war, von ihnen zu hören. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass ich mich ohne GPS in einer Millionenstadt wie New York City zurechtfinden musste. Aber ich habe das Jahr überlebt, und definitiv mehr recht als schlecht.
Und weil mein kaputtes Handy erst im Oktober 2014 abbezahlt ist und die Reparatur dank Eigenverschulden nicht über die Garantie gelaufen wäre, habe ich bis dahin also erstmal wieder kein Smartphone. Dafür Zeit ohne Ende und mein Leben wieder.