Vor gut einem Monat ist mein Smartphone
endgültig verstorben. Dank meiner liebevollen Behandlung –
mindestens einmal pro Tag aus beliebiger Höhe fallen lassen
inklusive – und einem besonders verhängnisvollem Zwischenfall in
einem Festival Dixie-Klo. Seitdem habe ich mein sogenanntes
Steinzeithandy wieder. Rosa, mit einer Akkulebenszeit von über 5
Tagen. Und was soll ich sagen – ich bin glücklicher denn je.
Endlich, endlich lebe ich wieder im Hier und Jetzt und nicht in einem
virtuellen Paralleluniversum, in dem jede Minute, in der Du nicht per
WhatsApp oder Facebook checkst, was Du gerade alles so verpasst,
während die Party um Dich herum in vollem Gange ist, eine verlorene
ist. Und es fühlt sich so gut an.
Klar hat ein Smartphone Vorteile –
unter anderem ein GPS für alle Orientierungslosen, eine Wetterapp,
bei der man es sich erspart, morgens aus dem Fenster zu schauen, und
mit WhatsApp die Möglichkeit, Fotos von jeder belanglosen
Nichtigkeit zu schicken. Im Grunde soll ein Smartphone also das
alltägliche Leben erleichtern, und das kann es durchaus – mit
einem ungewünschten Nebeneffekt allerdings, der sich allzu schnell
unbemerkt einstellt: man verblödet. Das mag sich jetzt erstmal hart
anhören; nachdem ich gestern allerdings an einer Gruppe
pupertierender Teeniegirls vorbeigelaufen bin, von denen eine so an
ihrem Smartphone hing, dass sie nicht gemerkt hat, dass ihre
Freundinnen stehen geblieben waren, um mit einer Gruppe Jungs zu
reden und ihr erst nach 50 Metern mit verschleiertem Blick auffiel,
dass sie alleine war, nur zu traurig aber wahr. Von diesen komischen
Momenten, wenn Du mit einer Gruppe Freunden beim Essen bist und auf
einmal jeder am Tisch gebannt auf sein Smartphone starrt, nur um die
nächste Verabredung auszumachen und die aktuelle zu verpassen ganz
zu schweigen.
Ich habe ein Jahr lang in New York
gelebt – mit einem uralt Handy zum aufklappen. Natürlich ist es
leicht peinlich, in den Edelclubs in der City das Ding auszupacken,
wenn es ansonsten nicht mal 12jährige gibt, die kein iPhone haben.
Und natürlich wäre es schön gewesen, meinen Freunden in
Deutschland aktuell und mit Fotos und Videos mitzuteilen wie geil die
Party gerade ist oder welches neue Paar Schuhe ich mir gekauft habe.
So habe ich mein Leben in New York in Echtzeit genossen, ohne durch
etwaige Ablenkungen aus der Heimat etwas zu verpassen, und mir dafür
in ausgiebigen Skype-Sessions ernsthaft Zeit für meine Familie und
Freunde genommen und mich jedes Mal aufrichtig darauf gefreut, weil
es etwas besonderes war, von ihnen zu hören. Ganz abgesehen von der
Tatsache, dass ich mich ohne GPS in einer Millionenstadt wie New York
City zurechtfinden musste. Aber ich habe das Jahr überlebt, und
definitiv mehr recht als schlecht.
Und weil mein kaputtes Handy erst im
Oktober 2014 abbezahlt ist und die Reparatur dank Eigenverschulden
nicht über die Garantie gelaufen wäre, habe ich bis dahin also
erstmal wieder kein Smartphone. Dafür Zeit ohne Ende und mein
Leben wieder.